Montag, 27.05.2013

NNZ-Forum: Von Park bis Burg

Der Kunstverein Jena war in diesem Monat auf seiner ersten Kunst- und Kulturfahrt unterwegs. Dabei machten die Kunstfreunde in einem Park und in einer Burg Station. Ihre Erlebnisse haben sie niedergeschrieben...

Wie im Jugendstilduft des 4. Mai vom einstigen Park des Tabakfabrikanten Carl Kneiff als erstem prägenden Eindruck unseres Stationenparkes des Tages nach zweistündiger Busfahrt aufgenommen: so kam Frau Gisela Hartmann im Namen des Fördervereines Hohenrode uns entgegen und erfasste sogleich unsere ersten Anliegen. 

So umsichtig stellte sie auch ihre Initiative für den Erhalt der botanisch wertvollen Parkanlage mit der anschaulichen Verdeutlichung durch Vergleichsfotos vor der arg verwahrlosten Villa dar! Diese erst seit 1990 durch Spekulation der Erben ruinös verfallene Villa von Vater und Sohn Kneiff aus der sog. Gründerzeit von 1874 bzw. der Erweiterung zum englischen Park von 1911 wurde uns so zur Theaterbühne eines neu geerbten Drama’s im Umgang mit einer Kultur unserer Vorfahren, wie sie eben nicht mehr Privatsache sein tut. 

Als Schulinternat baulich zwar umgenutzt und von ihr als Schülerin untermalt als Insel im sonst vom Bombenkrieg heimgesuchten Nordhausen, was uns später die Bustour zum Frauenberg als Neubauprojekt verdeutlichte, blieb das künstlerische Ensemble mit dem Park durch den früheren Förderverein erhalten. Erst das Ausmaß des treuhänderischen Verfalls wurde ihr zur Herausforderung und alle konnten ihren Ausführungen zur wachgerüttelten Verantwortlichkeit der Stadt und ihrer Bürger ob der ersten Notmaßnahmen mit ambivalenten Staunen angesichts der nun geklärten Aufgaben folgen. 

Ob das schönste Kunsthaus „Meyenburg“ als originale Parkvilla oberhalb des Berges einmal mit diesem romantisierenden Lehr- Park nebst einstiger Sennhütte und dem Pavillonrelikt oberhalb des Teichsystems (?)kommunizieren wird, wie wir es dann schon mal als Stilvergleich versuchten? Während sich eine Gruppe die Ernüchterung in der „Villa“ mit den Notmaßnahmen gegen Regen, ‚Schwamm‘ ect. durch Herrn Hartmann zumuten wollte, wurde die andere Gruppe fachkundig von einem botanischen Enthusiasten jenes Fördervereins in die Parkpflege wie im Sokratischen Gesprächswechsel heutiger Problemermündigung eingewiesen. 

Auf die Problematik der Massenaussamung von Herkuleskeule (und Ahorn) hatte schon Frau Hartmann angesichts eines Sprößlings gewiesen, wobei sie das freiwillige Engagement der Schüler jener Schule „Albert Kuntz“ würdigte: Dessen Bronzebüste im Schulgelände des heutigen Franscisceum Zerbst/Anh. Gleich einer Grabsteinehrung zu sehen ist, alldieweil diese einstige EOS „Albert Kuntz“ zu meiner Schulzeit um diesen Ehrentitel unter Dir. H. Topf im Klassenstreben um das Abzeichen für ‚Gutes Wissen‘ kämpfte und ich im nächsten April dort ein Erinnerungsprojekt mit heutigen Schülern machen werde. 

Da auch er einst freiwillig vom KZ Buchenwald zwecks Organisierung eines Sabotage- Widerstandes gegen den Bau der V 2 eines Wernher von Braun (als SS- Mann) nach Dora wechselte, liegt ein Vergleich ziviler Verantwortung für die akute Geschichte nahe. Jeder Keimling wird so zum Gleichnis einer bleibenden Aufgabe für folgende Klassen! 

Die botanischen Baumraritäten jener beiden eifrigen Dendrologen wird somit als Idee eines Parkes naturhafter Kunstformen kreativ weitergegeben als wechselseitige liebevolle ‚Einzeltherapie‘, um sie nicht nur frei von wucherndem Gestrüpp zur Geltung zu bringen und damit dieses ganzheitlich erhaltene Parkgelände. So sensibilisiert, im Atelier von Frau Cyrus zur surrealistischen Anschauung umgebrochen, von den Stifterfiguren im Dom lebhaft an das Vorbild des Naumburger Meisters erinnert und in der Meyenburg von der kongenialen Kommunikation der Barlach’schen Plastiken vor den gemalten Architekturstimmungen A. Dettmer’s fast selbstvergessen gefangen genommen! 

So wurde die Fahrt zur Galerie und Burg in Großbodungen zum Besuch bei dem hier vor Ort im eigenen Projekt mit ihrem Gatten tätigen Fördermitglied und nun stolzen Repräsentantin einer schon gelungenen Perspektive für die hiesige Burg nebst Kemenate: Gerlinde Gräfin von Westphalen war schon in Erwartung ob unserer Verirrung im Ort, wie Frau Hartmann zuerst unsere naheliegendsten Wünsche, diesmal kulinarischer Art, mit einführenden Worten über ihr prämiertes Kunst- und Burgprojekt zu erfüllen. Als ob Ihre Hoffnung und Zuversicht auch uns den Glauben in der Ronald Paris- Ausstellung neu gestärkt, kam es hier zu dem bei den Kunstfahrten angestrebten kritischen Kunstgespräch, diesmal v.a. über DDR- Kunst. 

Da kam auch sie etwas aus der Reserve, um dieses Engagement sogleich mit der Einladung in die Burg zu verbinden und hier fachkundig die Arbeit mit Ihrem Gatten durch die aufgeworfenen Fragen bei solcher Restaurierung einer einstigen abgelegenen Ministerialen- Burg sich selbst und uns zu beantworten. Auf daß mit dem Eindruck dieser Wohnräume eine ideelle Verantwortlichkeit für solche Wagnisse einer neuen Sozialität im heutigen Deutschland noch abschließend i.S. von Pestalozzi‘s praktischem Verallgemeinerungsglauben individueller Enthusiasmiertheit auch bei uns gestiftet wurde! D. Möbes, Kunstverein Jena

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